PISA trifft Bourdieu: Ein Blick auf die Chancengleichheit im (österreichischen) Bildungssystem
Verlag | Bachelor + Master Publishing |
Auflage | 2014 |
Seiten | 56 |
Format | 16,1 x 18,2 x 0,5 cm |
Gewicht | 182 g |
Reihe | Bachelorarbeit |
ISBN-10 | 3956841808 |
ISBN-13 | 9783956841804 |
Bestell-Nr | 95684180A |
Hat jedes Kind, ganz gleich welcher sozialen Herkunft, die gleichen Chancen innerhalb des österreichischen Schulsystems? Unter dem theoretischen Blickwinkel der Analysen Pierre Bourdieus für die französische Gesellschaft wird diese Frage anhand von Befunden der PISA-Studie erörtert. Die von Bourdieu festgestellte Chancenungleichheit im französischen Schulsystem führt zu einer kritischen Betrachtung des österreichischen Schulsystems. Angeregt wird die Analyse der PISA-Studie durch zahlreiche Diskussionen rund um die erzielten Ergebnisse und den zu absolvierenden Bildungsweg in Österreich. Das früh differenzierende österreichische Schulsystem wird vorgestellt und analysiert nach Leistungsunterschieden, der Bildung der Eltern, den sozioökonomischen Faktoren und dem etwaigen Migrationshintergrund.
Leseprobe:
Textprobe:
Kapitel 2.4, Reproduktion sozialer Ungleichheit am Beispiel Bildung:
2.4.1, Soziale Schließung:
Der Begriff soziale Schließung steht für allgemeine Mechanismen der Reproduktion sozialer Ungleichheit. Die oben skizzierten Klassen in Bourdieus Modell zeichnen sich durch objektive, kulturelle und soziale Unterschiede aus, die typische Vorstellungen generieren, was sich in ihren Kreisen geziemt und wie Individualität zum Ausdruck kommen sollte (Abels 2010:208). Es herrscht innerhalb einer Klasse eine bestimmte Einigkeit darüber, welche Verhaltensweisen und Lebensstile hoch bzw. niedrig bewertet werden. Für Bourdieu stellt die Aversion gegen andere unterschiedliche Lebensstile eine starke Einschränkung innerhalb einer Klasse dar (1987:105-106). Bourdieu spricht auch von einem Klassenzusammenhalt innerhalb einer Klasse und Abgrenzungsmechanismen (Distinktion) gegenüber anderen Klassen (1987:382). Die ungleiche Verteilung von Kapital prägt die Struktur des gesamten Fe ldes. Das generelle Ungleichgewicht an Kapital bildet die Grundlage für die spezifischen Wirkungen von Kapital, wie etwa die Fähigkeit, Profite anzueignen oder das Durchsetzen von Spielregeln, die dafür sorgen, dass sie für das Kapital und seine Reproduktion so vorteilhaft wie möglich sind (Bourdieu 1997:58).
In jeder Klasse bedingen sich ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital. Innerhalb der Klassen führt die Wechselwirkung zu einer Schließung des sozialen Raums. Ausreichendes ökonomisches Kapital erlaubt beispielsweise lange Ausbildungszeiten, die Kinder erwerben dadurch die richtige , im (Bildungs-) Feld angemessene ästhetische Einstellung. Das Verfügen über ausreichend soziales Kapital ermöglicht vielseitige geistige Anregungen und Entwicklungsmöglichkeiten und schafft einen uneinholbaren Vorsprung vor jenen, die nicht über ein derartig anregendes Beziehungsnetz verfügen. Die erlebten Kontakte dienen auch als Weichensteller , sie leisten Hilfestellung bei Entscheidun gen und erleichtern das (berufliche) Weiterkommen. Genügend ökonomisches und soziales Kapital begünstigen wiederum das kulturelle Kapital. Denn es erweitert sich durch den Kontakt zu ähnlichen Personen gleicher Positionen und gleicher Verhaltensformen. Die Einstellungen und das Selbstbewusstsein werden wechselseitig bestärkt und die herrschende Klasse bleibt in sich geschlossen. Diese Schließung führt dazu, dass die herrschende Klasse die Spielregeln beherrscht und stets verfeinert. Durch Distinktion bleiben die Kapitalarten der herrschenden Klasse exklusiv (Abels 2010:215). Sie sind den anderen, vor allem aufstrebenden Klassen immer einen Schritt voraus. Das gilt auch für Strategien im Bildungsbereich.
2.2.4, Klassenspezifischer Zugang zur Bildung:
Der Zugang zur Bildung ist habituell gefärbt. Über kollektive Wahrheiten erzielen die Individuen einer sozialen Gruppe stets Konsens. Konkret erfolgt dies durch wechselseitige Beobachtung und Anerkennung ihres Handelns. Innerhalb eines sozialen Raumes, einer Klasse, herrschen bestimmte kollektive Vorstellungen des richtigen Verhaltens. Auf diese bestimmten Vorstellungen, etwa über Bildung und Bildungswege, lassen sich letztlich die einzelnen Individuen ein und verinnerlichen diese (Abels 2010:211).
Der Begriff des kulturellen Kapitals dient Bourdieu als Ausgangspunkt, die Ungleichheit der schulischen Leistungen von Kindern aus verschiedenen sozialen Klassen einzuordnen. Die Verteilung des kulturellen Kapitals zwischen den Klassen bezieht er auf den Schulerfolg. Seine Überlegungen bilden einen Bruch zu der Auffassung, dass der schulische Erfolg oder Misserfolg auf die Wirkung natürlicher Fähigkeiten zurückzuführen ist (1997:53). (Die Auffassung, dass Erfolg einzig von Fähigkeiten abhängt, liegt auch Theorien vom Humankapital zu Grunde.) Das kulturelle Kapital ist auf mannigfaltige Weise mit der Person verbunden und wird durch soziale Vererbung weitergegeben (Bourdieu 1997:57). Die verborgenen M