Als Birgit und Helge Müller im Herbst 1998 ein Kind aus einem rumänischen Waisenhaus adoptieren, glauben sie sich am Ziel ihrer Wünsche. Sie ahnen nicht, dass sie von nun an einen schwer behinderten Sohn haben, denn Florin ist frühkindlicher Autist. Aber das erfahren sie erst viel später. Jahre voller Verzweiflung, aber auch voller Hoffnung folgen. Jahre in denen Traumata aufgedeckt werden, ausgelöst von seiner schrecklichen menschenunwürdigen Zeit im Waisenhaus - aber auch Jahre in denen Florin lernt, sich mit Hilfe eines Computers mitzuteilen und sogar seinen Schulabschluss überragend nachholt. Ein Leben zwischen Enttäuschung und Zuversicht für alle. Florin Müller lässt die Leser mit großer Intensität an allen Höhen und Tiefen teilhaben. Er selbst ist der Verfasser dieses teils fremdartigen Buches, mit dem es ihm dennoch auf beeindruckende Weise gelingt, den Leser vor allem mit den mehr als 20 Gedichten zu verzaubern. Mit einigen dieser Gedichte hat er sogar bereits Preise und Auszeichnungen gewonnen, seine sehr eigene Poesie berührt auch Menschen, die sonst mit Lyrik nichts anfangen können. Das Buch ist mit einem interaktiven Teil versehen, der Nicht-Autisten ermöglicht, hautnah am eigenen Leib die Wahrnehmung dieses Autisten zu begreifen und zu durchdringen. Dieser Bestandteil des Buches macht es zu mehr als einer reinen Autobiographie. Die authentische Sprache des jungen Autors bildet dabei einen eindrucksvollen Kontrast zu den schlicht gehaltenen, emotional berührenden Begleitpassagen seiner deutschen Adoptivmutter. Florin Müller führt den Leser einerseits in seine, auf dem ersten Blick skurrile und andersartige Welt ein, gleichzeitig vermittelt er aber auch die Botschaft, dass es sich lohnt, hoffnungslose Lebenssituationen anzugehen und wahre Liebe und Hilfe zu akzeptieren.
Florin Marian Ionescu wurde als viertes Kind armer Eltern in Fetesti/Rumänien geboren. Als seine Mutter im Februar 1995 verstarb, wurde er in ein Waisenhaus in Slobozia abgegeben. Mutmaßlich aufgrund massiver Vernachlässigung und emotionaler Gewalt im Waisenhaus, nicht zuletzt durch fehlende Liebe und mangelnde Zuwendung, leidet Florin Müller unter einer ausgeprägten Form von Autismus, dem "Institutional Autistic Syndrome (IAS)", wie es u.a. von René Hoksbergen beschrieben wird. Er kommuniziert nicht mit gesprochener Sprache, sondern mit Gebärden und der gestützten Kommunikation. An der Flex-Fernschule und konnte er bereits nach 15 Monaten aufgrund seiner herausragenden Leistungen den Hauptschulabschluss vorgezogen ablegen. Besonders im Fach Deutsch überraschte er seine Lehrer immer wieder mit überdurchschnittlichen Leistungen. Florin Müller ist es ein Anliegen, durch seine Texte, sowohl in Prosa als auch in Lyrik, die Mitmenschen immer wieder aufs Neue aufzufordern und dazu anzur egen, niemals vom Äußeren auf das Innere eines Menschen zu schließen. Seit 2019 hat er zudem einen Weg gefunden, seine Gedanken und Emotionen auch in Zeichnungen auszudrücken. Da es ihm nicht möglich ist, einen Stift oder Pinsel gezielt und fein koordiniert zu führen, hat er einen eigenen Malstil entwickelt mit Materialen wie verschiedenen Pinseln und Schablonen sowie Acrylfarben. Florin Müller liebt alles, was zarte Geräusche macht oder sich dreht. Stundenlang kann er sich am Drehen von Reifen begeistern, denn diese gleichmäßige Bewegung bietet ihm die Ruhe und die Ordnung, die er sucht, durch seinen schweren Autismus aber nur selten finden kann. Das Sammeln von Weihnachtskugeln sowie Gläsern zählt zu seinen liebsten Hobbys. Durch das Anschnippen des Glases mit den Fingerspitzen erzeugt er feine Töne, die ihn beruhigen, so wie auch das Hören von Glasharfenmusik. Florin Müller lebt mit seinen Adoptiveltern und einigen Adoptivgeschwistern in Dillingen / Saar, ist aber Mitglied in d en überregionalen Autoren- und Literaturgemeinschaften: "Autism Authors", Leitung: Dr. Linda Barboa, Sprachpathologin, Missouri / USA und der Wiener Kultur- und Literaturgemeinschaft "Kreis". Seit 2015 nahm Florin Müller an verschiedenen Lyrikwettbewerben teil, wobei die Jury nicht wusste, dass er nicht sprechender Autist ist, der lange Zeit als geistig behindert gegolten hatte, und er gewann einige Literaturpreise.
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