Meine Kühe können fliegen - Kurze Geschichten zum Weitererzählen
Vergleich zu frühere Preisbindung2
Verlag | Edition Büchergilde |
Auflage | 2014 |
Seiten | 144 |
Format | 12,6 x 18,8 x 1,6 cm |
Gewicht | 226 g |
ISBN-10 | 3864060370 |
ISBN-13 | 9783864060373 |
Bestell-Nr | 86406037M |
Geschichtenerzählen ist so alt wie die Menschheit. Um die Macht der Worte und das Spiel der Fantasie, um Lesen, Schreiben und Erzählen geht es in den hier versammelten heiteren und nachdenklichen Geschichten.
Was passiert, wenn eine Frau in der Jackentasche ihres Mannes einen Brief findet, dessen Handschrift auf eine Absenderin schließen lässt? Den unerwarteten Verlauf dieser Geschichte einer Analphabetin erzählt Michail Sostschenko. Welch absurd staatsfeindliche Absichten Diktaturen in geschriebene Worte hinein interpretieren, davon weiß der ostdeutsche Schriftsteller Salli Sallmann hautnah zu berichten. Seine Gedichte und Lieder brachten ihn in die Stasi-Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen. Hilflos fühlte sich wohl auch Mark Twain auf ganz andere Art beim Versuch, die deutsche Sprache zu lernen. Vergnüglich schildert er seine Erfahrungen in dem Klassiker Die Schrecken der deutschen Sprache .
Diese und weitere kurzweilige Geschichten zum Weitererzählen sind verpackt in einem sorgfältig typografisch gestalteten und in Leinen gebundenen Bändchen. Ein bibliophiles Geschenkbuch
Inhaltsverzeichnis:
Vorwort
Über den Wert des Geschichtenerzählens
Analphabetismus
Michail Sostschenko: Die Geschichte vom Brief und der Analphabetin
Die Sprache
Mark Twain: Die Schrecken der deutschen Sprache
Angst vor dem geschriebenen Wort
Salli Sallmann: Das Verhör
Der Leser
Italo Calvino: Wenn ein Reisender in einer Winternacht
Das Ich und die Gemeinschaft
Giovanni Papini: Wer bist Du?
Prägende Leseerlebnisse und der Vertrauensmann
Ulla Hahn: Das Bessere wählen; Aufbruch
Orte des Lesens
Kurt Tucholsky: Wo lesen wir unsere Bücher?
Absurde Arbeitswelt
V. S. Naipaul: Des Nachtwächters Stundenbuch
Das Handwerk
Katrin Jacobsen: Kleider machen Leute oder Über die Gestaltung von Texten
Die Fantasie der Kinder
Mario Früh: Meine Kühe können fliegen
Leseprobe:
Textauszug aus Mark Twain: Die Schrecken der deutschen Sprache
So oft ich glaube, ich habe einen von den vier vertrackten Kasus richtig gepackt, schleicht sich eine anscheinend bedeutungslose Präposition in meinen Satz hinein, die mit einer furchtbaren ungeahnten Macht ausgerüstet ist und zerbröckelt mir den Boden unter den Füßen. Zum Beispiel fragt mein Lesebuch nach einem Vogel (es fragt immer nach Dingen, die für keinen Menschen irgend welchen Wert haben): Where is the bird? ( Wo ist der Vogel? ) Die Antwort auf die Frage lautet (...): The bird is waiting in the blacksmith shop on account of the rain. ( Der Vogel wartet in der Hufschmiede wegen des Regens ). Selbstverständlich würde das keinem Vogel einfallen, allein das mußt du mit dem Buch ausmachen. Also, ich gehe daran, die deutsche Übersetzung dieser Antwort herauszuklauben. (...) Ich sage mir: Regen ist männlichen Geschlechts oder vielleicht auch weiblich oder möglicherweise sächlich (...). Im Interesse der Wissenschaft will ich die Annahme zugrunde legen, das Wort sei männlichen Geschlechts. Gut! Dann heißt the rain der Regen , falls er einfach in ruhendem Zustand erwähnt wird ohne nähere Erörterung, also Nominativ; ist jedoch dieser Regen überall rings auf dem Boden angelangt, dann ist er an eine bestimmte Örtlichkeit gebunden, er tut etwas, nämlich ruhen (in der deutschen Grammatik wird dies unter die Tätigkeiten gerechnet), und dies versetzt den Regen in den Dativ, so daß er zu dem Regen wird. Allein dieser Regen hat noch keine Ruhe, sondern entwickelt eine aktive Tätigkeit er fällt nieder vermutlich dem Vogel zum Ärger dies zeigt Bewegung an und hat die Folge, daß das Wort in den Akkusativ geschoben und dadurch aus dem Regen den Regen wird.