Verlag | Klöpfer & Meyer Verlag |
Auflage | 2014 |
Seiten | 171 |
Format | 10,8 x 17,8 x 1,9 cm |
Gewicht | 248 g |
ISBN-10 | 3863510771 |
ISBN-13 | 9783863510770 |
Bestell-Nr | 86351077M |
Nina Jäckles Roman "Der lange Atem", in feiner lyrischer Prosa gehalten, ist ein Lehrstück übers Durchhalten und Standhalten. Eine Hommage aufs Menschenmögliche. Der gelungene Versuch, eine Katastrophe in Worte zu fassen.
"Der lange Atem" spielt eineinhalb Jahre nach der verheerenden Fukushima-Tsunami-Katastrophe in einer der betroffenen japanischen Provinzen. Ein Inspektor, früher zuständig fürs Zeichnen von Phantombildern gesuchter Krimineller, ist nach dem Tsunami mit seiner Frau in deren zerstörtes Heimatstädtchen zurückgekehrt.
Er verfertigt anhand von Fotos der entstellten Gesichter der Tsunamiopfer möglichst präzise Phantomzeichnungen, damit den Hinterbliebenen die Identifizierung ihrer Angehörigen zumutbar wird. Der Zeichner stellt sich dieser Herausforderung von ganzem Herzen, mit all seinem Talent - getragen von der Hoffnung, dabei mitzuhelfen, die Welt der Hinterbliebenen wieder zurechtzurücken, wieder hinreichend "in Ordnung" zu bringen.
Mit dem "Zurückzeichnen" der entstellten Gesichter, mit dem "Wegzeichnen" der Wunden macht Nina Jäckle erahnbar, erfahrbar, was die Überlebenden auch heute noch zu bewältigen haben - und wie es ist, mit der atomaren Bedrohung, radioaktiven Verseuchung, mit Angst und Einsamkeit "fertig" zu werden. Wie es ist, in einer geisterhaften Ebene zurückzubleiben, in der alles, was bislang das Leben war, auf einen Schlag nicht mehr ist.
Leseprobe:
"Es war der elfte März, und das Meer atmete aus, ins Land hinein atmete es aus und dann atmete es tief wieder ein. Das Meer sog in sich auf, wer da saß, wer da spielte, wer da schlief, wer da lachte oder schwieg, wer da noch jung war oder bereits alt, übermütig, einsam oder in einer Umarmung. Das Meer ließ eine Kante zurück. Eine Kante, die nun auf ewig markiert, wo das Glück sich aufhielt, an jenem elften März um vierzehn Uhr sechsundvierzig, und wo das Glück in diesem Moment nicht war. Das Meer hat einen langen Atem, sagt meine Frau, auch du wirst langen Atem beweisen müssen."
Rezension:
"\'Der lange Atem\': intelligent und virtuos komponiert. Nina Jäckle ist eine raffinierte Erzählerin ganz eigener Intensität."
Veit Heinichen
"Auf der Suche nach einer Schriftstellerin, die
mich nicht im Stich lässt, mir Sätze zuflüstert,
die ich nicht vergessen kann und deren erzählte
Welten sich auftun wie Türen - mit immer
neuen Beobachtungen des Nie-Immergleichen -
da fand ich Nina Jäckle."
Nora Gomringer